So schmeckte Weihnachten in der DDR
Weihnachten wurde bekanntermaßen auch in der DDR gefeiert - auch wenn die Parteifunktionäre nicht allzu gut auf christliche Traditionen und Festtage zu sprechen waren. Die ohnehin dürftige Versorgungslage mit einigen Lebensmitteln war auch im Dezember nicht sonderlich besser als in den anderen Monaten des Jahres. War da überhaupt an ein üppiges Weihnachtsessen zu Hause, oder an Stollen, Glühwein und andere Leckereien, wie wir sie heute im Überfluss vorfinden, zu denken?
Tomate und Möhre im Gebäck
Schon im frühen Herbst begannen viele Familien die Zutaten für den Weihnachtsstollen zu sammeln. Denn den gab es auch im Osten Deutschlands. Nur leider waren die Zutaten oft knapp: Sultaninen und Mandeln waren nur begrenzt verfügbar. Zitronat und Orangeat gab es überhaupt nicht. Also war auch hier Improvisationstalent gefragt: Kandierte grüne Tomaten dienten als Zitronat-Ersatz und Möhren als Orangeat-Imitat, erinnert sich Albrecht Großmann, damals Produktionsleiter im Backwarenkombinat Döbeln. Auch in der Lebkuchenfabrik Pulsnitz wusste man sich zu helfen. Erdbeerfüllungen ersetzten hier beispielsweise Aprikosen.
„Da war kaum ein Unterschied zu schmecken.“
Ines Frenzel, Geschäftsführerin Lebkuchenfabrik Pulsnitz
Vor dem Fest gab es auch mal richtige, schmackhafte Orangen, zumindest in der Hauptstadt. Bananen zogen mit viel Glück bald darauf nach. Da war es schon fast Pflicht und Leid eines jeden Ost-Berliners mit einem guten Draht zum Obst- und Gemüsehändler, die Verwandtschaft in der restlichen Republik mit den seltenen und daher begehrten Südfrüchten zu versorgen. Allerdings erreichten die nicht immer ihr bestimmungsgemäßes Ziel. Die meisten DDR-Bürger mussten sich ohnehin ganzjährig mit Apfelsinen aus dem Bruderstaat Kuba begnügen. Die Früchte waren zwar oft klein, zäh und voller Kerne – aber immerhin Orangen.
Jeden Tag ein Türchen
Eingeläutet wurde die Vorweihnachtszeit spätestens am 1. Dezember. Dann, wenn das erste Türchen am Adventskalender geöffnet wurde. Die gab es auch in der DDR – auch wenn sie bis in die siebziger Jahre nicht so genannt werden durften. „Vorweihnachtlicher Kalender“ las sich eine offizielle Bezeichnung auf Rechnungen und Bestellungen. Christliche Motive durften anfangs überhaupt nicht dargestellt werden. Stattdessen konnte man neben den klassischen Wintermotiven bspw. in den siebzieger Jahren ganz systemtreu Kinder, wie junge Pioniere anmutend, im Ost-Berliner Wohnzimmer als Aufdruck bestaunen. Oder man legte selbst Hand an und bastelte sich einen Adventskalender.
Auf den Weihnachtsmärkten der Republik wurde Glühwein ausgeschenkt und Spielzeug oder andere Schnitz- und Drechselkunst aus dem Erzgebirge, wie Weihnachtspyramiden, Nussknacker-, Engels- und Bergmannsfiguren, angeboten. Natürlich war auch hier für das leibliche Wohl gesorgt. Broiler, verschiedene Wurstsorten und Schaschlik gehörten ebenso zum Angebot wie süßes Gebäck, z. B. Schürzkuchen, Makronen oder Quarkspitzen.
Pakete für die DDR
Spätestens nach dem Bau der Mauer 1961 fanden auch immer mehr Paketsendungen zur Weihnachtszeit ihren Weg nach Ostdeutschland. Die sog. Westpakete mussten als Geschenksendung mit Inhaltslisten deklariert werden und enthielten oft begehrte Produkte aus dem „nichtsozialistischen Ausland“, die man in der DDR nur schwer bekommen konnte, wie bspw. Schokolade, Kaffee, Zigaretten, Orangen, Damenstrümpfe oder eben auch Zutaten für den Stollen. Auch im Fleischerpäckchen fand sich in der Vorweihnachtszeit dann bspw. schon mal ein Rollschinken, der gar nicht auf dem Bestellzettel stand.
Zuhause wurden ansonsten vor allem Plätzchen aus Mürbeteig gebacken, was gerade für die Kinder immer als einstimmendes Ritual diente. Wenn dann nach all der Hektik und den Betriebsweihnachtsfeiern mit Korn und Eierlikör die Feiertage endlich näher rückten, wurde auch der Christstollen, wenn vorhanden, angeschnitten.
Kartoffelsalat und Bockwurst
Bevor das große weihnachtliche Schlemmen aber beginnen konnte, wurde zum Mittag des Heiligen Abends bei vielen Familien in der DDR zunächst eine Suppe oder Eintopf aufgetischt, oft eine Nudelsuppe bzw. Geflügelbrühe mit Fleischresten und Teilen des Festbratens. Am Abend selbst gab es häufig Kartoffelsalat und Bockwurst bzw. Wiener Würstchen mit Gewürzgurken. Am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag folgte dann traditionell der Weihnachtsbraten, häufig eine Gans, seltener eine Ente, Kasseler oder Karpfen. Wer nicht selbst Geflügel züchtete oder Beziehungen hatte, konnte auf Importe bspw. aus Ungarn zurückgreifen. Die Rezeptur für die Füllung des Bratens musste natürlich auch der Versorgungslage angepasst werden und war oft regional geprägt. Die Eltern standen schon in der Früh oder Tage vorher am Herd, um Braten, Klöße und Beilagen wie Grün- und Rotkohl zuzubereiten.
Neben dem Festessen gab es natürlich auch bunte Teller für den Nachwuchs mit Süßigkeiten, Nüssen, Orangen oder Äpfeln zum Naschen. Aus kulinarischer Sicht ließ man es sich also auch in der DDR zu den Feiertagen gut gehen – so gut es eben ging.
Und bei Euch?
Welche Erinnerungen habt ihr noch an das Weihnachtsfest in der DDR? Schreibt es gern in die Kommentare. Dazu könnt ihr euch hier noch weitere weihnachtliche DDR Rezeptvorschläge, die wir zusammengetragen haben, in unserer Advents-Playlist anschauen.